Corona-Manifest: Diakonie-Tag am 11. November

Vor einem Jahr haben die drei Landeskirchen der Stadt Zürich im Corona-Manifest gegenüber der Gesellschaft das Versprechen abgelegt, in der Pandemie für die Menschen da zu sein. In einem eigens dafür einberufenen Diakonie-Tag wird am 11. November 2021 mit Gästen aus Politik, Wirtschaft und Religionen darüber reflektiert, inwieweit dies gelungen ist.

Als Finanzdirektor sah sich Regierungsrat Ernst Stocker in der Coronakrise ganz anderen Herausforderungen gegenüber als zum Beispiel Rita Inderbitzin, römisch-katholische Sozialdiakonin in der Bahnhofskirche. Die schwierige Entscheidung, wer in welchem Umfang Anspruch auf Härtefallhilfe hat, reibt sich an der Frage, wie man Menschen in existenzieller Not beistehen kann.

Neben fünf weiteren Vertreterinnen und Vertretern aus Politik, Wirtschaft und Religion begegnen sich Stocker und Inderbitzin am 11. November 2021 anlässlich des Diakonie-Tags im Grossmünster – mit dem Ziel, an einem weltlichen sowie einem interreligiösen Panel die Auswirkungen der Pandemie auf die Gesellschaft zu reflektieren.

Christoph Sigrist, Pfarrer am Grossmünster, ist so etwas wie der geistige Vater des Diakonie-Tages. Er freut sich auf eine lebendige Kontroverse, die gleichzeitig Brücken schlägt. «In der Coronakrise hat sich die politische Relevanz der Kirche verdichtet», sagt er überzeugt. Es versteht sich für ihn von selbst, dass die Kirche da ist, wenn die Gesellschaft inmitten ihrer grössten Krise seit dem zweiten Weltkrieg steckt.

«Die Läden machen dicht – dann macht die Kirche auf», so Christoph Sigrist. Doch der gesellschaftliche Wandel schreitet fort, «der Sozialraum ist für die Kirche konstitutiv  – und dieser ist in einer Stadt wie Zürich interreligiös», sagt der reformierte Pfarrer – und hat zum interreligiösen Panel auch Iman Sakib Halilovic und Rabbiner Noam Hertig hinzugezogen.

Der Geist der überkonfessionellen Zusammenarbeit spielte auch am Martinitag vor einem Jahr eine wichtige Rolle: Am 11.11.2020 haben die katholische, die reformierte und die christkatholische Kirche ein gemeinsames Versprechen abgelegt, wonach sie in der in verschiedenster Hinsicht existenziellen Bedrohung durch die Corona-Pandemie für die Betroffenen da sein wollen.

Dieses Versprechen ist im Corona-Manifest festgehalten – darin haben sich die Kirchen unter anderem zur Durchführung eines Diakonie-Kongresses verpflichtet. Nun findet dieser statt – sinnigerweise im Rahmen der «Woche der Religionen» – und markiert gleichzeitig den Abschluss eines Jahres, das geprägt war von einer polarisierenden Debatte rund um Solidarität, persönlichen Freiheiten sowie mentaler und körperlicher Gesundheit.

«Die Möglichkeit zu Begegnung und Austausch ist wertvoll», sagt Marcel von Holzen, Dekan von Katholisch Zürich. «Auch im Wissen darum, dass der Diskurs längst noch nicht abgeschlossen ist.» Vor lauter Expertenmeinungen dürften aber die Betroffenen nicht aus den Augen verloren werden – also Kranke, Arbeitslose, Krankheits- und Todeserprobte und jene, die noch nicht wieder Tritt gefasst hätten im Leben. «Ich freue mich daher sehr, dass mit der Uraufführung des Tanzfilms «Ver_luscht» auch ein künstlerischer Zugang geschaffen wird, der dem Spektrum der Pandemie-Erfahrungen und -Emotionen noch mehr Raum gibt.»

Der Film von Tina Mantel und Raphael Zürcher lässt Betroffene zu Wort kommen – und lädt dazu ein, sich an gemeinsam geteilte Erfahrungen von Isolation, Trauer, Aggression, aber auch Hoffnung und Humor zu erinnern. «Dank der beweglichen Bilder kommt man noch einmal an eine ganz andere Ebene heran, die menschlich und sehr berührend ist», sagt Lars Simpson, Pfarrer der Christkatholischen Kirchgemeinde Zürich.

«Auf irgendeine Weise haben wir durch Corona alle Verlust erfahren – sei es von lieben Menschen, Gesundheit, Einkommen oder Status.» Die Rückbesinnung auf diese gemeinsame Erfahrung helfe im Alltag bei der Umsetzung von Werten wie gelebte Nächstenliebe sowie verantwortungbewusster Solidarität.

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